Informationen zum Drahtseil
Inhaltsverzeichnis:
- Allgemeiner Seilaufbau
- Einteilung nach dem Verwendungszweck
- Schlaglänge
- Schlagrichtungen
- Litzenarten
- Verseilarten
- Drehverhalten von Drahtseilen
- Art der Einlage
- Verdichtung
- Drahtseile mit kunststoffummantelter Stahleinlage
- Transport, Lagerung und Handhabung
- Montage von Drahtseilen
- Welche Schlagrichtung auf welche Trommel?
- Ablenkwinkel
- Kontrolle von Seilrollen und Seiltrommeln
- Drahtseile richtig messen
- Ablegekriterien von Drahtseilen
- Schmierung von Drahtseilen
- Drahtseilrelevante Abkürzungen
Allgemeiner Seilaufbau
Seilaufbau:
Drahtseile bestehen aus mehreren Litzen, die wiederum aus einzelnen Drähten bestehen. Drähte sind also das tragende Element eines jeden Drahtseiles.
Die Litze:
Zum Herstellen einer Litze werden Drähte schraubenlinienförmig um einen Kerndraht (hier: Mitteldraht) geschlagen. Je nach Konstruktion kann die Anzahl der Drähte in einer Litze und auch die Anzahl der Litze innerhalb eines Drahtseiles variieren.
Die Einlage:
Die Einlage trägt die Litzen und gibt dem Seil seine Form. Je nach Verwendungszweck kann die Einlage aus Faser oder Stahl bestehen.
Je nach Einlage ergeben sich unterschiedliche Vor- und Nachteile.Fasereinlagen (NFC, SFC) sind preisgünstiger und werden daher häufig für Anschlagseile verwendet. Nachteilig ist das Seile mit Fasereinlagen keine Querdruckstabilität aufweisen und daher zum Beispiel für Mehrlagenspulungen eher ungeeignet sind.
Drahtseile mit Stahleinlagen (WSC, IWRC) haben eine höhere Bruchkraft, bessere Querdruckstabiltität, bessere Temperaturbeständigkeit und sind langfristig besser geeignet für den Erhalt der Seilgeometrie.
Einteilung nach dem Verwendungszweck
Laufende Seile werden über Trommeln, Rollen oder Scheiben geführt und dabei ständig auf Biegung beansprucht. Zum Beispiel Kranseile, Hubseile, Aufzugseile, Förderseile, Schrapperseile oder Zugseile für Seilbahnen.
Stehende Seile werde nicht umgelenkt und sind vorwiegend fest installiert. Zum Beispiel Abspannseile, Führungsseile oder Halteseile.
Tragseile übernehmen die Funktion von Laufschienen. Auf ihnen laufen Rollen von Fördermitteln wie zum Beispiel Kabelkrane, Tragseile von Seilbahnen und Kabelschrapper.
Schlaglänge
Die Schlaglänge eines Drahtseiles ist der parallel zur Seillängsachse gemessene Abstand einer Außenlitze bis zu einer vollständigen Windung um die Achse des Seiles (gemäß EN 13385:2 3.7.11). Die Schlaglänge kann auch gleichermaßen bei Litzen gemessen werden in dem der Abstand eines Außendrahtes gemessen wird. Eine Veränderung der Schlaglänge kann die Bruchkraft, Elastizität, Drehstabilität und das Ermüdungsverhalten beeinflussen. Des Weiteren lässt sich Anhand der Schlaglänge feststellen, ob ein Drahtseil im Einsatz gewaltsam verdreht wurde.
Schlagrichtungen
Unter Schlagrichtungen (Windungsrichtung) des Seiles versteht man die Richtung der Schraublinie der Außenlitzen. Der erste Buchstabe s und z wird klein geschrieben und gibt die Schlagrichtung der Drähte in den Litzen an. Der zweite Buchstabe S und Z wird groß geschrieben und gibt die Schlagrichtung der Litzen an. Grundsätzlich wird zwischen Kreuzschlag und Gleichschlag unterschieden:
Kreuzschlag rechtsgängig (sZ) / Kreuzschlag linksgängig (zS):
Die Drähte in den Litzen haben entgegengesetzte Drehrichtungen gegenüber der Drehrichtung der Litze.
Kreuzschlag rechtsgängig (sZ)
Kreuzschlag linksgängig (zS)
Eigenschaften Kreuzschlag:
- Entgegengesetzte Schlagrichtung der Drähte
- Jeder Draht erscheint pro Schlag drei Mal am Seilumfang
- Fester Seilverbund, daher etwas steifer
- Schlechtere Druckverhältnisse
- Drahtbrüche von außen gut sichtbar, Ablegereife besser erkennbar
Gleichschlag rechtsgängig (zZ) / Gleichschlag linksgängig (sS):
Die Drähte in den Litzen und die Litze im Seil haben die gleiche Drehrichtung.
Gleichschlag rechtsgängig (zZ)
Gleichschlag linksgängig (sS)
Eigenschaften Gleichschlag:
- Gleiche Schlagrichtung der Drähte
- Jeder Draht erscheint pro Schlag ein Mal am Seilumfang
- Seilverbund ist lockerer und somit etwas biegsamer
- Bessere Druckverhältnisse
- Drahtbrüche von außen schlechter erkennbar, Ablegereife schwerer erkennbar
- optimal für Mehrlagenspulungen da die Drähte in den Außenlitzen keine Überzeuzungspunkte mit Drähten aus oberen oder unteren Lagen haben
Litzenarten
Filler (F):
- die äußere Lage hat doppelt soviele Drähte wie die innere Lage
- es liegen nicht tragende Fülldrähte in den gebildeten Rille der Innendrähte
- durch die Fülldrähte werden die tragenden Drähte besser abgestützt
Warrington (W):
- die Innenlage besteht aus Drähten mit gleichem Durchmesser
- die äußere Lage besteht aus doppelt sovielen Drähten, jedoch unterscheiden sich diese im Durchmesser, da immer abwechselnd ein dicker und ein dünner Draht angelegt ist
- erhöhte Fexibilität des Seiles
Seal (S):
- die Anzahl der Drähte in beiden Lagen ist gleich
- die Drähte in der äußeren Lage sind dicker als die Drähte in der inneren Lager
- besserer Abriebschutz
Warrington- Seal (WS):
- Eine Warrington-Litze befindet sich im inneren. Auf diese ist eine Sealkonstruktion geschlagen.
- Die Warrington-Litze bietet eine optimale Auflagefläche für die Drähte der Seal-Lage
- besserer Abriebschutz (Seal) und erhöhte Fexibilität des Seiles (Warrington)
Verseilarten
Kreuzverseilung:
Die Kreuzverseilung gilt auch als Standardverseilung. Sie ist gängig bei Norm- Drahtseilen gemäß EN12385-4. Alle Drähte und Litzen haben unterschiedliche Schlaglängen. Das führt dazu, dass sich die übereinanderliegenden Lagen sich kreuzen und es an den Überkreuzungspunkten zu einer erhöhten Druckbeanspruchung kommt. Dies kann zu einem frühzeitigen Drahtbrüchen im Seilinneren führen und somit zu einer frühberen Ablegereife.
Parallelverseilung:
Bei der Parallelverseilung kreuzen sich die übereinanderliegenden Lagen nicht, weil die Schlaglängen der Drahtlagen gleich sind. Hierdruch werden Überkreuzungspunkte vermieden und die Drahtlagen werden linienförmig belastet, was zu einer optimaleren Belastungsverteilung führt. Parallelverseilte Drahtseile findet man häufig bei den Spezialdrahtseilen wie zum Beispiel Casar Alphalift, Casar Paraplast, Casar Turbolift, Casar Betalift, Casar Parafit, Casar Doublefit oder das Casar Superplast10 Mix.
Drehverhalten von Drahtseilen
nicht drehungsarme Drahtseile:
Bei nicht drehungsarmen Drahtseilen laufen alle Seillagen in die gleiche Richtung. Somit wird unter Belastung das Drehmoment einer Last ins Seil aufgenommen und das Seil versucht sich zu- oder aufzudrehen. Kommt es zu diesem Effekt ist das defekt und muss getauscht werden. Diese Seile dürfen nicht mit Wirbeln arbeiten. Nicht drehungsfreie Drahtseile finden Sie hier.
drehungsarme Drahtseile:
Die äußere Litzenlage ist entgegengesetzt der inneren Litzenlage, dadurch wird das Drehmoment stark reduziert. Beispiele für drehungsarme Drahtseile sind 18x7 (EN12385-4) oder das 36x7 (EN12385-4). Achtung: Bei diesen Drahtseilen ist das Drehmoment größer als 1 also nicht größer als 4 Drehungen/1000d beim Heben einer Last entsprechend 20% der Mindestbruchkraft. Ein Wirbel darf nur unter Beachtung der Empfehlungen des Seilherstellers und/oder der Zustimmung einer sachkundigen Person verwendet werden (Definition gemäß EN12385:3 B1.5)
drehungsfreie Drahtseile:
Bei drehungsfreien Drahtseilen ist die äußere Litzenlage entgegengesetzt der inneren Litzenlage und zusätzlich gibt es eine Stahleinlage die als eigenen Seil funktioniert. Diese Drahtseile eignen sich beim Heben von ungeführten Lasten im Einstrangbetrieb und bei mehreren Seilsträngen mit sehr großen Hubhöhen. Gemäß EN12385:3 B1.5 ist die Dreheigenschaft geringer oder gleich 1 Drehung /1000d beim Heben einer Last entsprechend 20% der Mindestbruchkraft. Bei diesen Drahtseilen darf ein Wirbel verwendet werden. Drehungsfreie Drahtseile finden Sie hier.
ACHTUNG: Häufig werden im allgemeinen Sprachgebrauch drehungsfreie und drehungsarme Drahtseile irrtümlich auch als drall- bzw. spannungsarm bezeichnet. Die Begriffe drall- bzw. spannungsarm geben allerdings keine Auskunft über das Drehverhalten, sondern beschreiben eine besondere Bearbeitung im Verseilprozess mit dem Ziel das Litzen und Drähte nach dem Entfernen von Abbindungen nicht oder nur wenig aus dem Seilverbund treten.
Art der Einlage
Je nach Seilkonstruktion werden für die Seil-Einlage unterschiedliche Materialien mit unterschiedlichem Aufbau verwendet.
Fasereinlage
Die Fasereinlage wird gemäß EN12385-2 auch mit FC = Fiber Core abgekürzt. Fasereinlagen können aus Naturfasern (NFC = Natural Fiber Core) oder Synthetikfasern (SFC= Synthetic Fiber Core) bestehen. Die Fasereinlage stützt die Litzen und dämpft Schwingungen. Sie wird mit Schmiermittel getränkt und gibt dieses im laufenden Betrieb bei Belastung in das Drahtseil ab. Das hat den Vorteil, dass Drahtseile mit Fasereinlage gut gegen Reibung im Drahtseil geschützt sind. Allerdings nutzt dieser Effekt mit der Zeit ab, sodass die Seile regelmäßig nachgeschmiert werden sollten. Nachteilig ist zu bewerten das die Fasereinlage nicht nur Schmiermittel speichern kann, sondern auch Feuchtigkeit und somit die Gefahr von Korrosion erheblich zunimmt. Durch die hohe Verformbarkeit weisen Seile mit Fasereinlage eine geringe Widerstandsfähigkeit gegenüber Querkräften auf wodurch es im Laufe der Zeit zu Seilverformungen kommen kann, die das Seil ablegereif machen.
Stahleinlage:
Die Stahleinlage wird gemäß EN12385-2 auch mit WC = Wire Core abgekürzt. Bei den Stahleinlagen wird zwischen der Drahtlitze (WSC = Wire Strand Core) und einem unabhängig verseilten Drahtseil (Independent Wire Rope Core) unterschieden. Die Drahtlitze (WSC) besteht aus einem Kerndraht bei Spiralseilen oder aus verseilten Drähten bei Litzenseilen. Die eines Rundlitzenseils besteht aus einer Stahllitze. Die Drahtseileinlage (IWRC) besteht aus einem Litzenseil und wird besonders häufig eingesetzt da Sie in Konstruktion und Durchmesser optimal auf die Außenlitzen angepasst werden kann. Ein Vorteil von Drahtseilen mit Stahleinlage liegt in der besseren Formstabilität und besseren Widerstandsfähigkeit gegen Querkräfte. Zudem ist der metallische Querschnitt höher, was zu einer höheren Bruchkraft bei gleichem Seildurchmesser im Vergleich zu Seilen mit Fasereinlage führt. Des Weiteren können Seile mit Stahleinlage bis zu 400°C Grad (Trafähigkeitsverluste berücksichtigen!) eingesetzt werden, während die Fasereinlage nur bis ca. 100°C eingesetzt werden kann.
Verdichtung
Grundsätzlich wird zwischen Drahtseilen mit verdichteten Außenlitzen, gehämmerten Drahtseilen und Drahtseilen ohne Verdichtung unterschieden.
Drahtseile mit verdichteten Außenlitzen:
Bei Drahtseilen mit verdichteten Außenlitzen werden zuvor konventionelle runde Litzen durch einen Verdichtungsapperat gezogen. Hierdurch werden die Drähte in den Litzen verformt, sodass sich der Litzendurchmesser reduziert. Die Litzenoberfläche wird geglättet und die Berührungsflächen zwischen den Drähten innerhalb einer Litze vergrößert sowie auch zwischen den nebeneinander liegenden Litzen. Durch den Verdichtungsprozess erhöht sich der metallische Querschnitt des Drahtseiles was zu einer erhöhten Bruchkraft, mehr Flexibilität und einer erhöhten Querdruckstabilität führt. Zudem reduziert die glattere Seiloberfläche die Gefahr von Negativabdrücken in Seilrollen und erhöht die Seillebensdauer bei Mehrlagenwicklungen. Der Widerstand gegenüber Korrosion wird ebenfalls erhöht, weil Flüssigkeit schwieriger ins Seil eindringend kann als bei herkömmlichen Seile ohne Verdichtung.
Gehämmerte Drahtseile:
Bei gehämmerten Drahtseilen wird zuerst das Drahtseil gefertigt und danach komplett in einen Verdichtungsapperat gezogen. Dadurch bekommt das Drahtseil eine außerordentlich hohe Druckstabilitität und es werden sehr hohe Bruchkräfte erreicht. Aufgrund der sehr runden Seiloberfläche eignen sich gehämmerte Drahtseile besonders für Mehrlagenwicklungen, weil das Risiko von Verzahnungen zwischen den einzelnen Lagen erheblich abnimmt.
Drahtseile mit kunststoffummantelter Stahleinlage
Im Fertigungsprozess wird der Stahleinlage eine Kunststoffummantelung übergezogen. In der Endverseilung werden durch Erhitzen des Kunststoffes die Außenlitzen optimal eingebettet, sodass der Kunststoff in den natürlichen Seilzwischenräumen liegt und den Kontakt der Litzen untereinander verhindert.
Des Weiteren bietet die Kunststoffummantelung die folgenden Vorteile:
- Schutz vor inneren Drahtbrüchen
- Stabilisierung der Seilstruktur
- schließt Schmiermittel im Seilinneren ein
- Erschwert das Eindringen von Wasser und Schmutzpartikeln
- Absorbiert dynamische Energie
- Widerstandsfähig gegen chemische Umwelteinflüsse
Transport, Lagerung und Handhabung
Transport: Es sollte eine Transportverpackung gewählt werden bei der Seile vor mechanischen Beschädigungen geschützt werden. Es ist unbedingt darauf zu achten, dass Seil nicht mit scharfen Kanten in Berührung kommen.
Lagerung: Seile sollten in einem gut durchlüfteten, trockenen und staubfreien Innenraum gelagert werden. Wenn eine Lagerung im Innenraum nicht möglich ist sollten Drahtseile mit einer wasserdichten Verpackung geschützt werden. Zudem sollten Seile vor direkter Sonneneinstrahlung, hohen Temperaturen und chemischen Dämpfen geschützt werden. Im Sinne der Rückverfolgbarkeit sollte die Seilkennzeichnung nicht verloren gehen. Bei der Lagerentnahme empfiehlt sich das "first in, first out" Prinzip.
Handhabung: Beim Umgang mit Seilen sind geeignete Persönliche Schutzausrüstungen gemäß der betrieblichen Gefährdungsbeurteilung zu tragen. Vorsicht beim Entfernen der Umreifungsbänder; aufgetrommelte bzw. aufgerollte Seile stehen unter Spannung, das Seilende kann „ausschlagen“ und dabei Verletzungen verursachen. Beim Abwickeln und Abrollen dürfen Seile nicht verunreinigt und nicht verdreht werden, sondern müssen gerade ausgerollt bzw. abgewickelt werden (siehe Zeichnung); dabei darf keine Gegenbiegung entstehen. In keinem Fall dürfen Seile seitlich vom Haspel oder vom Ring
abgezogen werden. Seile müssen beim Auflegen vor mechanischen Beschädigungen und vor Verschmutzungen geschützt werden. Das Führen über scharfe Kanten ist generell zu vermeiden!
Abtrennen: Wenn ein Abtrennen erforderlich ist, empfiehlt sich die Verwendung einer Trennschleifscheibe, wenn das Seilende verschweißt oder verlötet werden muss. Bitte achten Sie auf eine angemessene Raumbelüftung und das Ansammeln von Dämpfen zu verhindern. Die Sicherungsabbindung sollte auf beiden Seiten der Schnittmarkierung angebracht werden und bei Litzenseilen mindestens das Zweifache des Seilnenndurchmessers betragen.
Montage von Drahtseilen
Das Seil muss spannungsfrei, unverdreht und unbeschädigt eingeschert. Andernfalls droht nach kurzer Zeit ein Seilschaden der zur sofortigen Ablegereife führen kann.
Seile dürfen nicht seitlich von Ringen oder Haspeln abgezogen werden. Andernfalls führt dieses Vorgehen zu Verdrehungen aus denen Schleifen im Seil resultieren. Wird das Seil straff gezogen können Knicke entstehen, die zur sofortigen Ablegereife führen.
Aus diesem Grund sollten Drahtseile mit Hilfe eines Drehtellers oder wie ein Reifen auf dem Boden ausgerollt werden. Achtung: Beim Ausrollen auf dem Boden besteht die Gefahr das Schmutz vom Schmiermittel des Drahtseiles aufgenommen wird und sich anschließend ins Seil einarbeitet.
Auch für Haspeln eignen sich Drehteller oder Gestelle zum verdrehfreien Abwickeln.
Da im Fertigungsprozess jedes Drahtseil eine bevorzugte Biegerichtung erhält, ist beim Umspulen darauf zu achten, dass beide Spulen in die gleiche Richtung laufen. Das heißt, wenn der ablaufende Seilstrang oberhalb ist, muss der auflaufende Seilstrang ebenfalls oberhalb sein beziehungsweise wenn der ablaufende Seilstrang unterhalb ist, muss der auflaufende Seilstrang auch unterhalb sein. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich das Drahtseil im Umspulprozess zwischen den beiden Spulen verdreht oder im späteren Kranbetrieb durch Verdrehen versucht die ursprüngliche Biegerichtung zu erlangen.
Welche Schlagrichtung auf welche Trommel?
Grundsätzlich sollten Sie den Angaben des Herstellers folgen. Falls seitens des Herstellers nichts vorgegeben sein gilt die folgende Vorgehensweise:
Zuerst:
Überprüfen Sie, wie das Seil von der Trommel in die Einscherung läuft. Es gibt zwei Möglichkeiten:
- Seileinführung vorn (Bilder rechts)
- Seileinführung hinten (Bilder links)
Dann:
Legen Sie Ihre Hand gedanklich auf das auf der Trommel liegende Seilstück.
Der Zeigefinger zeigt dabei in die Richtung, in die das Seil von der Trommel abläuft.
Der Daumen zeigt dabei gleichzeitig zum Seilfestpunkt auf der Trommel.
Entscheidung:
Falls die linke Hand entsprechend den oberen Abbildungen (A) liegt, handelt es sich um ein linksgängiges Seil.
Falls die rechte Hand entsprechend den unteren Abbildungen (B) liegt, handelt es sich um ein rechtsgängiges Seil.
Ablenkwinkel
Als Ablenkwinkel (β) wird die seitliche Neigung eines Drahtseiles auf einer Trommel oder Einscherung bezeichnet. Da in der Regel die Seilscheibe zentral für Trommel liegt ist der Ablenkwinkel an den beiden äußeren Trommelflanken am größten. Des Weiteren ist zu beachten, dass die Seilrillen auf der Trommel ebenfalls einen sogenannten Steigungswinkel (α) haben der entweder zum Ablenkwinkel hinzugerechnet oder vom Ablenkwinkel abgezogen werden muss. Ein zu hoher Ablenkwinkel führt dazu, dass das Seil nicht am tiefsten Punkt in die Seilrolle einläuft, sondern zuerst eine der beiden äußeren Flanken berührt und dann in den Rillengrund hineinrollt. Je höher der Ablenkwinkel desto stärker rollt das Seil über die Flanken in den Rillengrund was zu einer Verdrehung des Seiles führt. Es kann auch passieren, dass das von der Trommel ablaufende Drahtseil gegen die Nachwindungen gezogen wird und die Außendrähte beschädigt werden. Aus diesem Grund darf der Ablenkwinkel max. 4° bei nicht drehungsfreien Seilen und max. 2° bei drehungsfreien Drahtseilen betragen (gemäß ISO16625). Der Ablenkwinkel für drehungsfreie Seile ist geringer, weil diese aufgrund der gegenläufigen Einlage empfindlicher auf gewaltsame Verdrehung reagieren.
Kontrolle von Seilrollen und Seiltrommeln
Seilrollen und Trommeln spielen eine wesentliche Rolle beim Einfluss auf die Seillebensdauer. Hier ist im besonderen auf die Beschaffenheit und Maßhaltigkeit zu achten. Seilrollen sollten leichtgängig sein, der Rillengrund darf keine Beschädigungen aufweisen und keine Seilabdrücke von vorherigen Seilen aufweisen. Der optimale Rillendurchmesser sollte Seildurchmesser +6-8% betragen oder nach DIN 15020 Seildurchmesser x 1,05 bzw. mindestens 5% und maximal 10% des Seilnenndurchmessers nach ISO16625. Werte über und unter dieser Bereiche können gravierende Folgen für die Seillebensdauer haben. Die Rillentiefe sollte mindestens dem 1,5-fachen des Seilnenndurchmessers betragen und der Öffnungswinkel der Rillen zwischen 45-60° liegen. Wenn der Rillendurchmesser zu klein ist wird das einlaufende Drahtseil komprimiert was zu Drahtbrüchen und Verformungen führen kann. Darüber hinaus kann es passieren das durch den Druck der seitlichen Flanken Außenlitzen weiter nach vorne gedrückt werden und somit Litzen dauerhaft gelockert werden oder es zu einer Korbbildung kommt. Bei zu großen Rillen erfährt der aufliegende Teil des Drahtseiles eine starke Flächenpressungen ohne das die äußeren Flanken unterstützend einwirken können. Dies kann zu Seilverformung und einer Reduzierung der Seillebensdauer führen.
Tabelle für Rillenradien für Seilrollen nach DIN 15061 Teil 1:
Hinweise zur Tabelle:
- Genauigkeit 1 = Standard gewalzt
- Genauigkeit 2 = gedreht
- Genauigkeit 3 = feingedreht z.B. für Hütten-/Walzwerkkrane
- folgende Abweichungen des Seildurchmessers sind in Ordnung:
- bis 3mm 0-8%
- zwischen 3-6mm 0-7%
- zwischen 6-7mm 0-6%
- ab 7mm 0-5%
Tabelle für Rillenradien für Seiltrommeln nach DIN 15061 Teil 2:
Hinweise zur Tabelle:
- h≥0,375 * d wegen des Seilsprunges
- r2 gilt bis h≤0,4 * d
Zur Kontrolle von Rillen empfiehlt sich die Verwendung sogenannter Rillenlehren. Diese werden in die zu prüfenden Rillen hineingedrückt und sollten über weite Strecken des Umfangs gut aufliegen. Wenn die Rillenlehre nur an den Flanken anliegt und nicht den Rillengrund berührt ist die Rille zu eng.
Rillenlehren zum Prüfen von Seiltrieben finden Sie hier .
Drahtseile richtig messen:
Der Seildurchmesser ist der Durchmesser d des um den Seilquerschnitt gezogenen Kreises.
Hierbei muss zwischen dem nominalen und dem realen Seildurchmesser unterschieden werden. Der nominale Seildurchmesser ist ein theoretischer Wert während der reale Seildurchmesser den tatsächlichen Seildurchmesser beschreibt. Gemäß EN12385-4 beträgt die Plustoleranz zwischen dem nominalen und dem realen Durchmesser 0-5% für Drahtseile ab 8mm. Ein realer Seildurchmesser unterhalb der nominalen Seildurchmessers wäre somit nicht normkonform. Bei Seildurchmessern unter 8mm sind die Toleranzen üblicherweise größer. Spezialseil-Hersteller wie zum Beispiel Casar oder Diepa haben in der Regel Plustoleranzen zwischen 2-4%. Grundsätzlich sollten Seildurchmesser im unbelasteten Zustand gemessen werden.
Ablegekriterien von Drahtseilen
In erster Linie gelten die Ablegekriterien des Kranherstellers die im Handbuch aufgeführt sind. Darüber hinaus richten sich die Ablegekriterien von Drahtseilen nach der DIN ISO 4309:
Sichtbare Drahtbrüche:
Drahtbrüche die verstreut in Bereichen auftreten, die durch Seilscheiben laufen, die auf Trommeln aufspulen bzw. abspulen oder die bei Mehrlagenspulungen im Überkreuzungsbereichen zusammentreffen. Als Ablegekriterien dienen die folgenden zwei Tabellen. Bei Drahtbrüchen in Seilzonen auf einer Länge von 6c, die nicht auf Trommeln auf- oder ablaufen, kann es erforderlich sein das Seil abzulegen, wenn lediglich ein oder zwei Litzen betroffen sind, obwohl die Anzahl unter den Angaben in den nachfolgenden Tabellen ist. Darüber hinaus ist ein Seil ablegereif wenn in den Litzentälern/Litzenschultern zwei oder mehr Drahtbrüche in einer Schlaglänge (oder 6d) zu finden sind und wenn zwei oder mehr Drahtbrüche an Endverbindungen vorhanden sind. Einzelne Drähte können in Folge von Herstellung, Auflegen, Handhabung, Lagerung und Versand brechen. Da diese Drähte nicht im Einsatz zum Beispiel durch Ermüdung in Folge von Biegebeanspruchung erfolgt sind werden diese Drahtbrüche bei einer Prüfung in der Regel nicht berücksichtigt.
Tabelle für einlagige und parallel verseilte Seile:
Tabelle für drehungsarme Seile:
Hinweise zu den Tabellen:
- bei Außenlitzen mit Seale-Machart ist die Anzahl um zwei Zeilen niedriger als in der Tabelle angegeben, wenn die Anzahl der Drähte pro Litze 19 oder weniger beträgt
- Fülldrähte werden nicht mitgezählt
- jeder gebrochene Draht hat zwei Enden und als ein Drahtbruch gezählt
- die errechneten Zahlen sind aufzurunden
- d steht für den Seilnenndurchmesser
- die Werte der Mehrlagenspulung gelten für Schäden in den Überkreuzungspunkten und Überlagerungen von Wicklungen. Die Werte sind nicht für Seilzonen gedacht die nur über Seilscheiben laufen und nicht aufgewickelt werden
- bei einlagig und parallel verseilten Seilen gilt für die Triebwerksgruppen M5 bis M8 gilt das Doppelte der aufgeführten Drahtbrüche als Ablegekriterium
Verringerung des Seildurchmessers:
Die nachfolgende Tabelle gibt an ab wann eine Reduzierung des Drahtseildurchmessers zur ablegereife führt. Relevant hierfür sind Seilabschnitte die auf einlagigen Trommeln aufwickeln und/oder über Seilscheiben laufen. Für Seilabschnitte die mit Überkreuzungspunkten zusammenfallen oder mit Bereichen die als Folge des Aufwickelns auf eine mehrlagig bewickelte Trommel verformt sind. Der Bezugsdurchmesser wird in einem Bereich der nicht über Seilscheiben gezogen wird ermittelt und sollte unmittelbar nach der Auflage des Seiles gemessen werden.
Bei einer punktuellen örtlichen Verringerung des Seildurchmessers in Folge von zum Beispiel Versagen einer Seileinlage ist das Seil ablegereif. Ebenso ist das Seil ablegereif beim Bruch einer kompletten Litze.
Korrosion:
Wenn Drahtseile im Freien eingesetzt werden oder im Einfluss von Feuchtigkeit oder Seewasseratmosphäre stehen tritt Korrosion häufig als Ablegegrund auf. Grundsätzlich muss zwischen Korrosion der Seildrähte und Korrosion der Seiloberfläche unterschieden werden. Vor der Inspektion sollte das Drahtseil gesäubert und gegebenenfalls gebürstet werden. Äußerliche Korrosion, die sich abwischen lässt, kann als unbedenklich angesehen werden. Sollte die Drahtoberfläche stark angegriffen sein oder Drähte schlaff wirken ist das Seil ablegereif. Sichtbare Korrosion aus dem Inneren des Drahtseiles zum Beispiel austretende Korrosionspartikel, die sich in den Tälern zwischen den Außenlitzen wiederfinden sind immer ein Ablagekriterium. Reibkorrosion die durch gelöste Stahlpartikel entsteht, wenn trockene Drähte und Litzen aneinanderreiben kann ebenfalls ein Ablagekriterium darstellen wenn die Partikel ins Seilinnere eindringen und dort korrodieren. Bitte beachten Sie, dass Reibkorrosion oder Korrosion im Seilinneren zu einer Erhöhung des Seildurchmessers führen kann.
Verformung und Beschädigung:
Weicht ein Drahtseil optisch von seiner ursprünglichen Form ab wird von einer Verformung gesprochen. Verformung können zu ungleichmäßiger Lastverteilung im Seil führen und werden häufig begrenzt vorgefunden. Mögliche Verformungen oder Beschädigungen können korkenzieherartige Verformung, Korbbildung, heraustretende oder verformte Einlage oder Litze, Schlaufenbildung, Knoten, lokale Erhöhung oder Verringerung des Seildurchmessers, Abplattung, Klanken oder zugezogene Seilschlingen, Knicke im Seil oder Beschädigung durch Hitze sein. Grundsätzlich sollten Seile immer unverzüglich abgelegt werden, wenn deren Zustand als gefährlich betrachtet wird.
Schmierung von Drahtseilen
Gerade laufende Drahtseil sollten geschmiert sein. Spezialdrahtseile für diese Anwendungen werden in der Regel bereits im Fertigungsprozess intensiv geschmiert. Allerdings hält die Schmierung nicht ewig, sodass Seile regelmäßig nachgeschmiert werden sollten. Neben dem Schutz vor Korrosion übernimmt die Schmierung noch weitere wichtige Aufgaben wie zum Beispiel die Verringerung von Reibung zwischen Seil und Seilrolle und die Erhöhung der Arbeitssicherheit. Bei trockenen Seilen rutschen auf Biegung beanspruchte Drähte nicht mehr geschmeidig nach, sodass die Drähte die Biegespannung stärker aufnehmen. Dies führt zu einer schnelleren Ermüdung des Materials und somit zu Drahtbrüchen. Regelmäßiges Nachschmieren kann daher die Seillebensdauer signifikant erhöhen im Vergleich zu ungeschmierten Seilen.
Die Wahl des optimalen Nachschmiermittels kann je nach Seiltyp, Anwendungsbereich und Anwendungsort variieren. Bei Fragen welches Schmiermittel für Ihre Anwendung das Richtige ist sprechen Sie uns bitte an. Wir helfen Ihnen gerne.
Drahtseilrelevante Abkürzungen
S |
Seale |
W |
Warrington |
WS |
Warrington-Seal |
F |
Filler |
|
|
sZ / RHOL |
Kreuzschlag rechtsgängig |
zS / LHOL |
Kreuzschlag linksgängig |
zZ / RHLL |
Gleichschlag rechtsgängig |
sS / LHLL |
Gleichschlag linksgängig |
|
|
FC |
Fasereinlage |
NFC |
Naturfaser |
SFC |
Synthetikfaser |
SPC |
Einlage aus Massiv-Polymer |
WC |
Stahleinlage |
WSC |
Drahtlitze |
KWSC |
Verdichtete Drahtlitze |
IWRC |
unabhängig verseiltes Drahtseil |
IWRC(K) |
unabhängig verdichtetes verseiltes Drahtseil |
EPIWRC |
unabhängig verseiltes Drahtseil mit Kunststoffummantelung |
PWRC |
Drahtseilkern in Parallelverseilung |
PWRC(K) |
Drahtseilkern mit verdichteten Litzen in Parallelverseilung |
M |
Kreuzverseilung (Standard) |
K |
verdichtete Litze |
|
|
U |
blanke Drähte |
B |
verzinkte Drähte (Klasse B) |
A |
verzinkte Drähte (Klasse A) |