Drahtseilschäden und deren Herkunft
Korbbildung:
Bildquellen: Dipl. Ing. Verreet: Drahtseile vor Gericht.
Korbbildung bedeutet, dass auf einem kurzem Seilbereich die Außenlitzen des Drahtseiles deutlich länger sind als die innere Einlage. Das hat zur Folge, dass die Außenlitzen gelockert sind und sich dieser Überschuss beim Lauf über Seilscheiben oder auf Seiltrommeln weiter aufbaut bis es zur Korbbildung kommt. Körbe befinden sich daher oftmals am Endpunkt der Bewegung über Seilscheiben. Wenn es zu einer Korbbildung gekommen ist, hat das immer die Ablegereife des Drahtseiles zur Folge. Aus diesem Grund ist es wichtig die Ursache der Korbbildung zu finden. Die nachfolgenden Ursachen können eine Korbbildung zur Folge haben:
Zu enge Seilrille:
Der optimale Rillendurchmesser sollte Seildurchmesser +6-8% betragen oder nach DIN 15020 Seildurchmesser x 1,05 bzw. mindestens 5% und maximal 10% des Seilnenndurchmessers nach ISO16625. Wenn der Rillendurchmesser zu klein ist, wird das einlaufende Drahtseil komprimiert was zu Drahtbrüchen und Verformungen führen kann. Darüber hinaus kann es passieren das durch den Druck der seitlichen Flanken Außenlitzen weiter nach vorne gedrückt werden und somit Litzen dauerhaft gelockert werden oder es zu einer Korbbildung kommt. Rillenlehren zum Prüfen von Seiltrieben finden Sie hier .
Bildquelle: Dipl. Ing. Verreet: Drahtseile vor Gericht.
Benutzung eines drehbaren Wirbels:
Nicht drehungsfreie Drahtseile dürfen nie mit Wirbeln arbeiten. Drehungsfreie bzw. drehungsarme Drahtseil dürfen nur mit Wirbeln arbeiten wenn die Dreheigenschaft des Drahtseiles geringer oder gleich 1 Drehung /1000d beim Heben einer Last entsprechend 20% der Mindestbruchkraft ist. Bei drehungsarmen Drahtseilen mit schlechteren Dreheigenschaften darf ein Wirbel nur nach Beachtung der Empfehlungen des Seilherstellers und/oder der Zustimmung einer sachkundigen Person verwendet werden (Definition gemäß EN12385:3 B1.5).
Sollte ein Drahtseil mit zu geringer Drehstabilität verwendet werden dreht sich das Seil unter Lasteinwirkung auf und lockert somit die Außenlitzen. Läuft das Drahtseil durch Seilrollen werden die Überlängen der Außenlitzen zu einem Punkt getragen der außerhalb von Seilscheiben liegt und es bildet sich ein Korb.
Bildquelle: Dipl. Ing. Verreet: Drahtseile vor Gericht.
Falscher Ablenkwinkel:
Der Ablenkwinkel darf max. 4° bei nicht drehungsfreien Seilen und max. 2° bei drehungsfreien Drahtseilen betragen (ISO16625). Andernfalls kann es passieren, dass bei einem zu hohen Ablenkwinkel das Seil nicht am tiefsten Punkt in die Seilrolle einläuft, sondern zuerst eine der beiden äußeren Flanken berührt und dann in den Rillengrund hineinrollt. Je höhere der Ablenkwinkel desto stärker rollt das Seil über die Flanken in den Rillengrund was zu einer Verdrehung des Seiles führt und eine Korbbildung verursachen kann.
Bildquelle: Dipl. Ing. Verreet: Drahtseile vor Gericht.
Schäden durch Verdrehung
Falsche Schlagrichtung:
Das nachfolgende Bild zeigt ein Hubsystem mit zwei Trommeln und sollte aus einem rechtsgängigem und einem linksgängigem Seil bestehen, damit unterschiedlichen Schlagrichtung das entstehende Drehmoment aufheben. Hier wurden allerdings zwei rechtsgängige Drahtseile verwendet mit der Konsequenz, dass sich das Drehmoment nicht aufheben konnte und ins Drahtseil gegeben wurde. Das Drahtseil auf der linken Haspel hat sich aufgedreht während sich das Drahtseil auf der rechten Trommel eingedreht hat.
Verdrehung durch starken Abrieb:
Wenn Seile über stehende Rollen, Bolzen oder Kanten gezogen werden kann es zu dauerhaften Verdrehungen kommen. Hierbei werden die Litzen und Drähte welche auf der Innenseite des Biegeobjektes aufliegen (Bolzen oder feststehende Rolle) verschoben. Die Drähte und Litzen werden aus ihrer ursprünglichen Helixform in eine Gerade gezwungen. Weiterhin wird das Material des Drahtes in Zugrichtung aufgeschoben. Durch diese Materialverschiebungen entsteht eine Spannung, welche das Drahtseil verformt. Vergleichbar ist dieser Vorgang mit einem Geschenkband, welches über eine Schere oder ein Messer gezogen wird.
Verdrehung durch ruckartige Belastung:
Durch ruckartige Bewegungen kann eine Verdrehung im Seil verursacht werden, wenn das Seil im Moment der Belastung zum Beispiel in einer Schlaufe gelegen hat. Dies kann passieren, wenn ein am Seil befindlicher Greifer abknickt oder sich schräg stellt. Das nachfolgende Bild zeigt ein Drahtseil, dass aufgrund einer ruckartigen Belastung verdreht wurde.
Nach Entfernen der Außenlitzen in der betreffenden Seilzone wurde auf der Stahleinlage Spuren von hohem mechanischem Druck gefunden, der auf die Stahleinlage gewirkt hat. Ein Indiz dafür das eine ruckartige Belastung stattgefunden hat.
Korkenzieherartige Verformung
Wenn Seile durch zu enge Seilrollen gezogen werden oder an Gegenständen reiben, kann es zu einer korkenzieherartigen Verformung kommen. Das unbelastete Seil wird dann zu einer Schraubenlinie verformt. Die ISO4309 schreibt vor, dass Seile mit derartiger Verformung abzulegen sind wenn auf einem Abschnitt der nicht über eine Seilscheibe oder auf eine Trommel läuft der Abstand zwischen der verformten Unterseite und einer gerade Fläche 1/3 x d oder mehr beträgt beziehungsweise 1/10 x d oder mehr wenn dieser Abschnitt über eine Seilscheibe oder auf eine Trommel läuft.
Bildquelle: Dipl. Ing. Verreet: Drahtseile vor Gericht.
Ermüdungsbrüche
Ermüdungsbrüche entstehen in der Regel in den durch Biegewechsel beanspruchten Seilzonen und sind häufig auf der Drahtseilseite zu finden die auf der Seilscheibe aufliegt. Mit der Zeit beginnen Drähte aufzureißen, was zuerst nur mikroskopisch erkennbar ist. Mit jeder Biegung wird der Riss größer bis der Draht irgendwann komplett gebrochen ist. Sobald erste Ermüdungsbrüche zu erkennen sind muss dieser Bereich stärker beobachtet werden, weil in der zeitlichen Folge immer mehr Drähte brechen (exponentielle Entwicklung!) Je häufiger ein Seil durch Biegung beansprucht wird und je höher die zu tragende Last ist, desto leichter entstehen Ermüdungsbrüche. Kleine Radien von Seilscheiben erhöhen das Risiko von Ermüdungsbrüchen zusätzlich. Regelmäßige Nachschmierung, Erhöhung der Seilscheibendurchmesser und die Reduzierung der Traglast können Ermüdungsbrüche verhindern und somit zu einer Verlängerung der Seillebensdauer beitragen.
Ermüdungsbrüche lassen sich gut erkennen wenn die betroffenen Stellen gebogen werden.
Seilschäden durch scharfe Kanten
Wenn Seile über scharfe Kanten gezogen werden, kann dies zu Draht-, Litzen- oder kompletten Seilversagen führen. Im nachfolgenden Bild ist anhand des Bruchbildes ein Zug über eine scharfe Kante gut nachzuvollziehbar, weil der Bruch sehr geradlinig durch das komplette Seil verläuft.
Korrosion
Korrodierte Drähte verlieren an Bruchkraft, Flexibilität und brechen wesentlich schneller als Drähte ohne Korrosion. Verzinkte Drähte, Drahtseile mit Kunststoffummantelung und regelmäßig geschmierte Drahtseile können vor Korrosion schützen. Da sich korrodierter Stahl ausdehnt kann ein vergrößerter Seildurchmesser auf Korrosion im Seilinneren hinweisen. Das nachfolgende Bild zeigt ein korrodiertes Drahtseil. Es handelt sich hierbei um ein laufendes Drahtseil, dass keine Schmierung erhalten hatte und die Korrosion somit begünstigt hat.